Zur Presseinformation durch die Staatsanwaltschaft: Neben der drohenden Sanktion ist in vielen Fällen die Berichterstattung über ein laufendes Verfahren von einschneidender Bedeutung für die Betroffenen. Es sollte (eigentlich) eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Ermittlungsbehörden – insbesondere zu einem frühen Zeitpunkt des Verfahrens – die Öffentlichkeit allenfalls behutsam und unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten informieren.

In einem von unserem Kollegen Gubitz betreuten Strafverfahren wegen des Verdachts der Untreue gegen den Werksleiter eines kommunalen Versorgungsunternehmens ist es anders gekommen. Leider war der Staatsanwaltschaft Kiel die Sensibilität einer Information der Medien aus dem Blick geraten. Das Verfahren ist dann nach kurzer Zeit mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden.

Der Kollege Rechtsanwalt Dr. Tobias Hermann von der Media Kanzlei Hamburg ist gegen das Verhalten der Staatsanwaltschaft gerichtlich vorgegangen. Das Verwaltungsgericht Schleswig (8 A 65/21) stellte auf die Klage des Kollegen die Rechtswidrigkeit der Medieninformation durch die Staatsanwaltschaft Kiel fest.

Im Einzelnen:

Auf Nachfrage des Hamburger Abendblatts informierte ein Kieler Oberstaatsanwalt als Pressesprecher dieses über das Ermittlungsverfahren unter Nennung des Namens des Mandanten wie folgt:

„Ja, wir haben ein Verfahren gegen Herrn […] eingeleitet. Es besteht der Verdacht der Untreue. Wir prüfen zurzeit den strafrechtlichen Hintergrund. Es geht um die Auftragsvergabe an einen externen Dienstleister während seiner Zeit als Werkleiter in […]. Es ist aber noch zu früh, um beurteilen zu können, ob sich dieser im Ermittlungsverfahren erhärten lässt beziehungsweise bestätigt.“

Zu diesem Zeitpunkt war unserem Mandanten weder die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt gegeben noch eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Äußerungen der Staatsanwaltschaft eingeräumt worden.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 15. September 2021 (Az.: 8 A 65/21) festgestellt, dass diese Information rechtswidrig erfolgte und sich zur Begründung vor allem auf die unterlassene Anhörung zur beabsichtigten Presseinformation bezogen:

„Nach dem Grundsatz der fairen Verfahrensgestaltung ist vor der Erteilung von Auskünften mit Namensnennung in laufenden Straf- bzw. Ermittlungsverfahren auch ohne ausdrückliche einfach gesetzliche Regelungen eine vorherige Mitteilung an den Betroffenen geboten, um ihm die Möglichkeit des effektiven Rechtsschutzes einzuräumen.“

Offen gelassen hat es die Frage, inwieweit die die Nennung des vollständigen Namens rechtswidrig war.

Außerdem war eine noch weitergehende Äußerung des Oberstaatsanwalts nach Verfahrenseinstellung streitig, in der weiterhin ein Fehlverhalten unseres Mandanten behauptet wurde. Dieser Inhalt erstaunte doch sehr. Denn erstens wäre kaum nachzuvollziehen, wieso die Ermittlungsbehörde nach einer Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts in einer Presseinformation darauf beharren sollte, es läge angebliches Fehlverhalten vor, und zweitens liegt der Verteidigung ein verwaltungsrechtliches Gutachten vor, dass ein solches gerade verneint!

Die Staatsanwaltschaft hat vor dem Verwaltungsgericht bestritten, sich in diesem Sinne geäußert zu haben. Leider konnte das Gericht nicht aufklären, was tatsächlich gesagt wurde, weil sich der Journalist auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen und der Oberstaatsanwalt als Zeuge vor dem Verwaltungsgericht ausgesagt hat, er sei sich „ziemlich sicher […], dass er nicht wörtlich aus dem Einstellungsvermerk der zuständigen Dezernentin bei der Staatsanwaltschaft zitiert habe bzw. keine Einzelheiten zu dem vergaberechtlichen Verfahren genannt habe“. Wie vor diesem Hintergrund der Journalist, der die o.g. Details zitierte, an einen derartigen Inhalt gekommen sein soll, blieb vor dem Verwaltungsgericht offen. (Nur) aufgrund von Beweisschwierigkeiten kam es diesbezüglich nicht zur Feststellung der Rechtswidrigkeit.

Wie geht es nun weiter: Die Staatsanwaltschaft hat sich bisher trotz Aufforderung geweigert, eine angemessene Geldentschädigung zu zahlen. Der Mandant wird auch dies, vertreten durch den Kollegen Dr. Hermann, gerichtlich durchsetzen, um so jedenfalls eine geringe Wiedergutmachung für die entstandene Rufschädigung erhalten zu können.