Der Vermögensarrest ist für Beschuldigte eines Strafverfahrens ein nicht selten existenzbedrohendes Zwangsmittel. Seit der Reform des Einziehungsrechts im Jahr 2017 ist kaum ein Wirtschaftsstrafverfahren denkbar, in dem die Verteidigung gegen diese Maßnahme keine Rolle spielt. Nicht selten liegen zwischen der gerichtlichen Anordnung und der Vollziehung des Arrestes mehrere Wochen, manchmal sogar Monate. In letzteren Fällen wird dann fraglich, ob der lange zurück liegende gerichtliche Arrestbeschluss noch vollstreckt werden kann.

Die Strafprozessordnung enthält hierzu nach der StPO-Reform im Jahr 2017 keine Regelung. Auf die kurze Frist des § 929 Abs. 2 ZPO von einem Monat hatte das Gesetz für den Strafprozess auch zuvor nicht verwiesen (die Vorschrift war in den Verweisungen auf die ZPO ausgespart). Unser Kollege Felix Schmidt hat nun in einem Fall, wo die Arrestvollziehung (durch Pfändung) erst nach Ablauf von mehr als einem halben Jahr vorgenommen wurde, einen Erfolg erringen können. Das Amtsgericht Kiel (Az.: 43 Gs 516/20) hat entschieden, dass ein Arrestbeschluss spätestens nach dem Ablauf von sechs Monaten – in Parallele zu Durchsuchungsbeschlüssen – nicht mehr als Grundlage für eine Arrestvollziehung herangezogen werden kann, wenn diese nicht wenigstens begonnen wurde.

Diese auch in der Fachliteratur vertretene Auffassung trägt vornehmlich dem Umstand Rechnung, dass der zur Anordnung notwendige Tatverdacht dynamisch ist: Er kann sich nämlich im Laufe der Monate derart verändern, dass nach mehreren Monaten fraglich ist, ob der Richter auch zum Vollziehungszeitpunkt noch hinter dem von ihm erlassenen Beschluss steht. Das Sicherungsbedürfnis, welches notwendige Voraussetzung für einen Vermögensarrest ist, ist deshalb mit fortschreitender Zeit neu zu beurteilen.

Hinzu kam im vorliegenden Fall ein vom Gericht offenbar als rechtsmissbräuchlich angesehenes Vorgehen der Ermittlungsbehörden einschließlich des Unterbleibens der Bekanntgabe des zunächst nicht vollstreckten Arrestbeschlusses selbst (und damit eine Verkürzung rechtlichen Gehörs und effektiver Rechtsschutzmöglichkeiten).

Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt, über die nun das Landgericht entscheiden muss.

Für vollzogene Arrestbeschlüsse galt übrigens nach § 111b Abs. 2 u. 3 aF StPO, dass diese bei Nichtvorliegen dringender Arrestgründe nach Ablauf von sechs Monaten aufzuheben waren. Die Neuregelung sieht nun eine gesetzliche Grenze nicht mehr vor, ganz herrschend dürfte aber die Auffassung sein, dass sie im Wege verfassungsgemäßer Auslegung weiterhin gilt. Zusammen mit der o.g. Entscheidung des AG Kiel gilt nun also die Maximalgrenze von 6 Monaten zweifach: Als Höchsthaltbarkeitsdatum eines Beschlusses, um mit dem Arrest zu beginnen und als Höchstdauer eines vollzogenen Arrestes (ohne dringende Gründe).