Die Rechtsanwälte der Kanzlei Gubitz und Partner streiten sich seit Jahren mit der Staatsanwaltschaft Kiel über die Gewährung von Akteneinsicht aus laufenden Strafverfahren an Dritte (z.B. Versicherungen, Aufsichtsbehörden oder Krankenkassen), siehe unsere früheren Blog-Beiträge hier und hier und auch zum von der Landesbeauftragten für Datenschutz, Marit Hansen, geführten Verfahren.

Nun musste erneut das Gericht in zwei Fällen entscheiden und aussprechen, dass wiederum der Datenschutz nicht ernst genug genommen wurde:

Im ersten Fall hat eine Ersatzkasse Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft beantragt und erhalten, obwohl allenfalls Auskünfte hätten erteilt werden dürfen. Es ging um ein Verfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung gegen einen von den Kollegen Dres. Schaar und Buchholz verteidigten Beschuldigten. Die Ermittlungsakte enthält eine Reihe von sehr privaten Informationen über den Mandanten, deren Kenntnisse für das Anliegen der Ersatzkasse nicht von Belang sind. Das Amtsgericht Kiel (43 Gs 4859/21) hat der Selbstverständlichkeit noch einmal Ausdruck verleihen müssen, dass eine „formularmäßige Beantragung von Akteneinsicht“ gerade nicht den strengen Anforderungen der Strafprozessordnung genügt. § 474 Abs. 2 und 3 StPO bestimmen eben gerade, dass die Erteilung von Auskünften aus der Akte an Dritte die Regel und Akteneinsicht die (zu begründende) Ausnahme ist.

Das Handeln der Staatsanwaltschaft, das zur zweiten Entscheidung des Amtsgerichts (43 Gs 4785/21) führte, muss vor dem Hintergrund dieser klaren Rechtslage noch mehr erstaunen: Auch hier wurde trotz eines nur vorhandenen Auskunftsrechts vollständige Einsicht in die gesamte Akte gewährt. Und es wurde auch vollständig unterlassen, sich mit den von unserem Kollegen Dr. Schaar vorgebrachten Einwänden auseinanderzusetzen. Dies hat das Gericht zu der Feststellung veranlasst:

„Es erschließt sich dem Gericht nicht, aus welchen Gründen das nicht erfolgt ist.“

Hier hätte die Wahrung der Rechte des Betroffenen nicht einmal Mehrarbeit für die Staatsanwaltschaft bedeutet. Die Versicherung hatte nur Interesse an einem einzigen, einen bestimmten Unfall betreffenden Fall. Zu diesem existiert eine entsprechende Fallakte. Weitere Sonderbände und Hauptakte betreffen (auch) andere Vorwürfe, allein der Hauptband umfasst 275 Seiten. Trotz der einfachen Trennbarkeit der Aktenteile, trotz der klaren Rechtslage und gegen die Einwände der Verteidigung  wurden sämtliche Akten an die Versicherung übersandt.

Es ist zu begrüßen, dass das Amtsgericht Kiel dem in zwei weiteren Fällen klare Entscheidungen mit unmissverständlichen Begründungen entgegensetzt.