„Die strafrechtliche Neuregelung zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt“ – so lautete das Thema eines unseres Kollegen Dr. Momme Buchholz vor den Mitgliedern der Schleswig-Holsteinischen Strafverteidigervereinigung. Referiert hat Herr Buchholz gemeinsam mit dem ehemaligen Chefarzt der psychiatrischen Klinik Elmshorn, Herrn Prof. Dr. Hubert Kuhs.

Fast immer, wenn im Bereich des Strafrechts in den letzten Jahren Gesetze in Deutschland geändert wurden, ging dies mit dem Abbau von Beschuldigtenrechten einher. So auch dieses Mal: Das „Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt“ hat die Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt in mehrfacher Hinsicht verschärft. Außerdem wurde die Möglichkeit, im Falle eines erfolgreichen Therapieabschlusses bereits zum Halbstrafenzeitpunkt eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung zu erhalten, massiv eingeschränkt bzw. für die allermeisten Verurteilten praktisch abgeschafft (anders noch nach dem alten Recht, § 67 Abs. 5 S. 1 a.F.).

Natürlich hat unser Kollege diese Entwicklung nicht nur im Detail dargestellt, sondern auch deutlich kritisiert. Die Auswirkungen auf therapiebedürftige Verurteilte sind gravierend. Ob damit dem vielbeschworenen Opferschutz im Ergebnis ein Dienst erwiesen wurde, darf bezweifelt werden.

Prof. Dr. Hubert Kuhs konnte das Gesetzgebungsprojekt als Co-Referent unter medizinischen Gesichtspunkten weiter beleuchten. Und auch insoweit fiel das Urteil wenig günstig aus. Wo nämlich der Gesetzgeber den für die Anwendbarkeit des § 64 StGB zentralen Begriffs des „Hangs“ (aus rechtspolitischen Gründen, denen keinerlei empirische Erkenntnisse zugrunde lägen) deutlich eingeschränkt habe, sei in der Wissenschaft (die einen solchen Begriff ohnehin nicht kennt, sondern mit den Konzepten von „Abhängigkeit“  und „schädlichem Gebrauch“ arbeitet) gerade die gegenläufige Tendenz zu beobachten.

Im Ergebnis ergäben sich hieraus dann sehr viel strengere Begründungserfordernisse. Während nach früherer Gesetzeslage auch ein schädlicher Gebrauch durchaus für die Annahme eines „Hanges“ ausreichen konnte, genügt nun nicht einmal mehr die Feststellung von Abhängigkeit, wenn nicht noch zusätzliche Feststellungen hinzukommen.

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Vor diesem Hintergrund konnte unser Kollege Buchholz mit Blick auf die Neuerungen Hinweise für die Strafverteidigungspraxis geben. Als Fazit hat er den versammelten Kolleg:innen eingeschärft: „Schon früher war eine auf die Unterbringung nach § 64 StGB abzielende Verteidigung häufig ein Fehler – dies gilt nach der Gesetzesänderung erst recht!“


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