Das Amtsgericht Lübeck hat Ratzeburgs Ex-Bürgermeister Gunnar Koech nach zweitägiger Hauptverhandlung freigesprochen.
Dieser war im Sommer 2021 von der Staatsanwaltschaft Lübeck wegen zweier Vorwürfe angeklagt worden. Er sollte eine Falsche Versicherung an Eides statt abgegeben und eine Falsche Verdächtigung begangen haben (warum wir als Verteidiger:innen mit derartigen Stellungnahmen in wenigen Einzelfällen an die Öffentlichkeit gehen, und dass in der ganz überwiegenden Anzahl unserer Mandate Diskretion oberstes Gebot ist, erklären wir hier).
Über diese Vorwürfe wurde nun am Amtsgericht Lübeck verhandelt. Dieses hatte schon die Anklage zunächst nicht zugelassen, weil es durchgreifende Zweifel an den von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Beweisen hatte. Das Landgericht hatte dann die Entscheidung mit wenig überzeugender Begründung aufgehoben und das Hauptverfahren eröffnet. So wurden nun die von der Staatsanwaltschaft benannten Zeugen gehört.
Die Anschuldigungen gingen auf öffentliche Äußerungen im Rahmen der Stichwahl um das Bürgermeisteramt der Stadt Ratzeburg im Frühjahr 2019 zurück. Der „Lübecker Printmedien-Unternehmer Sch.“ hatte in Ratzeburg unter dem Datum „30/31.03.2019“ eine vierseitige Veröffentlichung mit dem Titel „Stadtgespräch Stichwahl am 31.03.2019“ verteilt. Neben persönlichen Beleidigungen des Kandidaten Koech wurde auch verbreitet, dieser habe (bereits verjährte) Straftaten begangen. Diese Angriffe auf seine Person konnten von Herrn Koech nicht toleriert werden. Nachdem er die Stichwahl trotz allem gewonnen hatte, hat er mit seinem Möllner Anwalt Dr. Uwe-Christian Klipsch L.L.M. eine einstweilige Verfügung gegen Herrn Sch. und dessen Behauptungen erwirkt. Gunnar Koech ist dabei mit seiner eidesstattlichen Versicherung der Behauptung einer Beteiligung an Straftaten entgegengetreten. Herrn Sch. wurde vom Landgericht Lübeck unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, seine Behauptungen zu wiederholen.
In der Folge kam es auch zu wechselseitigen Strafanzeigen, die auf der geltend gemachten Unwahrheit der aufgestellten Behauptungen beruhten.
Die Darstellung des schmalen Grats zwischen (gerade auch in der politischen Auseinandersetzung) noch zulässiger Meinungsäußerung und strafbarer Übler Nachrede, Beleidigung und Verleumdung würde an dieser Stelle ebenso zu weit führen wie die weitere Nachzeichnung des Sachverhalts in seinen zahlreichen, teils sehr umstrittenen, Einzelheiten. Es kann allgemein Folgendes gesagt werden: Das Strafrecht stellt die ultima ratio dar. Es kommt (erst dann) zum Einsatz, wenn erhebliche Beeinträchtigungen besonders schützenswerter Rechtsgüter in Rede stehen. Die rechtstaatlichen Anforderungen an ein Strafverfahren und die dortigen Maßstäbe sind normiert und eigentlich auch für juristische Laien, die die entsprechende Geduld aufbringen, nachlesbar. Wenig geeignet ist es für die öffentliche, mediale Auseinandersetzung. Das liegt an den notwendigerweise damit verbundenen Vereinfachungen. Selten werden alle wesentlichen Aspekte in der Berichterstattung über ein Verfahren dargestellt oder gar der Ausgang eines Verfahrens abgewartet. So kommt es, dass schon aus der Tatsache, dass „ein Verfahren eingeleitet“ oder eine „Anklage erhoben“ ist, (politisches) Kapital geschlagen werden soll. Dabei setzt die Einleitung eines Verfahrens nur einen sogenannten Anfangsverdacht voraus und für die Anklageerhebung kann es ausreichen, wenn unterschiedliche Aussagen vorliegen und die Anklagebehörde es dem Gericht überlassen will, diese zu würdigen.
Im vorliegenden Fall hätten aus Sicht der Verteidigung sehr gute Gründe schon dafür gesprochen, das Verfahren gegen Gunnar Koech einzustellen und von der Anklage abzusehen. Da die Staatsanwaltschaft anders entschied, wurde unser Kollege Prof. Dr. Gubitz mit der Verteidigung beauftragt. Er hat dann mit seinem Kollegen Dr. Molkentin im sogenannten Zwischenverfahren auf 18 Seiten ausführlich dargelegt, warum schon nach dem Ergebnis der Ermittlungen und dem Inhalt der zahlreichen Aussagen (zu zum Teil Jahre zurückliegenden Sachverhalten) ein Tatverdacht gegen Ratzeburgs Ex-Bürgermeister Gunnar Koech nicht vorlag. Die Vorwürfe beruhten auf Aussagen von Zeugen, die entweder schon in sich widersprüchlich waren und auch durch die Angaben weiterer Zeugen widerlegt wurden oder bei denen andere wesentliche Kriterien für die Annahme der Glaubhaftigkeit nicht erfüllt waren. So hatte Herr Sch. seinen öffentlichen Äußerungen Behauptungen aus zweifelhaften Quellen, u.a. dem Drogenmilieu, zugrunde gelegt. Auf die „Belastungstendenz“ mindestens zweier Zeugen wies das Gericht in seinem Beschluss ausdrücklich hin. Sie führten „Rechtsstreitigkeiten“ mit Gunnar Koech.
Die politische Einordnung des Vorgangs wird Gunnar Koech selbst vornehmen. In der Folge des Strafverfahrens kam es zu seiner Abwahl. Es ist nicht das erste Verfahren der Kanzlei Gubitz und Partner, in dem in der Öffentlichkeit stehenden Mandant:innen ein Strafverfahren einen Schaden zufügt, der auch durch den jetzigen positiven Ausgang nicht wiedergutzumachen ist.