Auf eine Beschwerde unseres Kollegen Niklas Weber hat das Landgericht Flensburg einen Vermögensarrest in Millionenhöhe deutlich reduziert.

Spätestens seit der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung im Jahr 2017 sind in Strafverfahren vorläufige Maßnahmen zur Sicherung einer späteren Einziehung von Taterträgen, wie etwa Vermögensarrest und Beschlagnahme, an der Tagesordnung. Die Eingriffsbefugnisse sind weitgehend und werden nach der Erfahrung unserer Kollegen durch Staatsanwaltschaften und Gerichte gern umfassend ausgeschöpft.

Dass die Strafverfolgungsbehörden dabei nicht selten über die Stränge schlagen und sich eine Verteidigung schon in diesem Zeitpunkt lohnt (zur Verteidigung gegen die Vollstreckung siehe hier), zeigt eine erfolgreiche Beschwerde des Kollegen Weber gegen einen vom Amtsgericht Flensburg in siebenstelliger Höhe verhängten Vermögensarrest. Gegen den Mandanten, der von den Kollegen Gubitz und Buchholz verteidigt wird, wird ein Verfahren wegen angeblichen Verkaufs von Prüfungsbescheinigungen geführt.

Das Verfahren richtet sich gegen mehrere Beschuldigte. Die Anordnung des Vermögensarrestes gegen unseren Mandanten wurde damit begründet, dass er in mehr als tausend Fällen Zertifikate an Interessierte verkauft haben soll, ohne dass diese eine Prüfung abgelegt hatten. Jeder Käufer, so das Amtsgericht in seinem Beschluss, soll dafür 1.000 € gezahlt haben. Die sich daraus ergebenden Erträge wurden sodann vollständig durch Vermögensarrest beim Mandanten gesichert.

In unserer Beschwerde gegen den Beschluss konnten wir herausarbeiten, dass das Amtsgericht an zwei entscheidenden Stellen nicht genau geprüft hat: Aus der Ermittlungsakte ergab sich bereits, dass nicht alle der aufgeführten Bescheinigungen tatsächlich gefälscht waren. Überdies gab es von vornherein Hinweise darauf, dass der Mandant selbst die Gebühren gar nicht entgegengenommen und auch anschließend höchstens einen Teil davon erhalten hatte.

Dieser Argumentation hat sodann auf unsere Beschwerde auch das Landgericht Flensburg zugestimmt und den Vermögensarrest von einem siebenstelligen Betrag auf etwa 400.000 € reduziert: Den Ermittlungen seien lediglich Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass ein Teil der Gelder durch den Mandanten erlangt wurde. Und auch eine wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Rest der Gelder, die für deren Einziehung bei unserem Mandanten ausreichen würde, ergebe sich aus der Ermittlungsakte nicht. Anhaltspunkte dafür, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt Zugriff auf diesen Teil der Gelder hatte, seien nicht ersichtlich.

Der Mandant ist nun zumindest zu einem großen Teil von der für viele Betroffene erdrückenden Wirkung eines Vermögensarrestes befreit. Dies ist gerade in einem umfangreichen Verfahren wie diesem, in dem die Ermittlungen (und damit häufig auch der Vermögensarrest) sich über mehrere Jahre ziehen können, ein erster wichtiger Teilerfolg. Zudem zeigt die Entscheidung, dass gerade bei Strafverfahren mit mehreren Beschuldigten auch nach der Ausweitung der Vermögensabschöpfung im Jahr 2017 Verteidigungspotential bei der Frage des Taterlangten besteht.