Eine von unserem Kollegen Dr. Molkentin ausgeführte Revision zum OLG Schleswig gegen ein Berufungsurteil des Landgerichts Kiel (mit einem Strafausspruch von zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe für eine gefährliche Körperverletzung) führte jetzt zur Aufhebung des Urteils per Beschluss. Damit war die Revision beim OLG Schleswig erfolgreich, nun muss eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Kiel erneut über die Berufung des Mandanten verhandeln.

Die Aufhebung und Zurückverweisung erfolgte unter ausdrücklicher Würdigung der mit der Revisionsbegründung vorgetragenen Bedenken. Das Urteil wurde bereits auf die Sachrüge hin aufgehoben, es litt, wie der Senat ausführt, unter „einem durchgreifenden Erörterungs- und Darstellungsmangel“. Aus den im Urteil wiedergegebenen Bekundungen des Angeklagten und mehrerer Zeug:innen ergab sich nämlich eine Tatprovokation im Vorfeld (die der Geschädigte sogar in einem früheren Prozess gestanden hatte). Mit der keineswegs fernliegenden Möglichkeit einer Rechtfertigung wegen Notwehr (bzw. zumindest einer Strafmilderung) setzten sich die Urteilsgründe aber nicht nachvollziehbar auseinander.

Unsere Revisionsbegründung hatte diesen Mangel, der sich durch weite Teile der Urteilgründe hindurchzog, von verschiedenen Seiten beleuchtet und auch zum Gegenstand mehrerer Verfahrensrügen (hier: sog. Inbegriffs- und Aufklärungsrügen) gemacht. Auf diese Weise konnte die Tragweite des Erörterungsmangels dann anhand zusätzlichen Verfahrensstoffs noch weiter verdeutlicht werden: So hätten die auch vom OLG bemängelten Lücken beispielsweise auch durch Verlesung vorliegender und in die Revisionsbegründung eingefügter Vernehmungsprotokolle  geschlossen werden können.

Obwohl es auf diese Rügen nicht mehr ankam, werden sie in dem Beschluss unter zwei Aspekten gestützt: Zum einen liege es nahe, dass auch die in zulässiger Form erhobene Aufklärungsrüge begründet gewesen ist (und insofern also auch die Beweisaufnahme selbst fehlerhaft war), zum anderen folgt der Senat auch den Bedenken hinsichtlich einer Urteilsbegründung, die über weite Strecken die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils im Wortlaut übernommen hatte (was die Eigenständigkeit der Entscheidungsfindung des Berufungsgerichts in Zweifel zieht).

Revision beim OLG Schleswig erfolgreich

Foto: Pepe Lange

Der Generalstaatsanwalt hatte, wie es mittlerweile gegenüber Revisionen der Verteidigung zu Obergerichten in Bund und Ländern nahezu flächendeckend (und allzu häufig auch erfolgreich) geschieht, die Verwerfung der Revision als „offensichtlich unbegründet“ per (einstimmigem) Beschluss gefordert, der dann in aller Regel auch keinerlei weitere Begründung enthält.

Dieser verbreiteten Praxis war unser Kollege in seiner Gegenerklärung nachdrücklich entgegengetreten und hatte im Gegenzug die Aufhebung des Berufungsurteils im Beschlusswege ohne mündliche Verhandlung erbeten (was bei Einstimmigkeit ebenfalls möglich ist). Dem ist das Gericht nun gefolgt.