I. Editorial

Im Editorial der aktuellen Ausgabe zeigt unsere Kollegin Carolin Püschel die wesentlichen Entwicklungsschritte der gesetzlichen Pflichten von Unternehmen zur Nachhaltigkeits- bzw. nichtfinanziellen Berichterstattung auf. Solche Pflichten sind gegenwärtig insbesondere in den §§ 289b, 264a HGB sowie in § 3 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) verankert und werden in nicht allzu ferner Zeit erweitert und verschärft. Bis zum 6. Juli 2024 ist die europäische Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in nationales Recht umzusetzen, die u.a. eine solche Erweiterung und Verschärfung der entsprechenden Berichterstattungspflichten für in Europa tätige Unternehmen vorsieht.

Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission am 31. Juli 2023 erstmals europaweit verbindliche Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung festgelegt, die sog. European Sustainability Reporting Standards – Set 1 (kurz: ESRS; vgl. hierzu Art. 29b sowie u.a. die Erwägungsgründe 20, 37 und 54 der CSRD). Sofern das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union in den kommenden vier Monaten keine Einwände gegen den zugrundliegenden delegierten Rechtsakt erheben, wird dieser im EU-Amtsblatt veröffentlicht und in Kraft treten (vgl. Art. 290 Abs. 2 lit. b AEUV).

Aus diesem Anlass zeigt unsere Kollegin die straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Risiken einer nicht ordnungsgemäßen Nachhaltigkeitsberichterstattung auf. Zudem empfiehlt sie Unternehmensverantwortlichen, die Zeit bis zum Inkrafttreten der ESRS und bis zur Umsetzung der CSRD schon jetzt für einen Abgleich der aktuellen Standards der Nachhaltigkeits- bzw. nichtfinanziellen Berichterstattung mit den ESRS zu nutzen.

II. Newsdienst Spezial

Auch in dem Newsdienst Spezial der Ausgabe 7/2023 dreht sich alles um das Thema „Nachhaltigkeit unternehmerischen Handelns“. So besprechen zwei unserer Kollegen aus der Kanzlei GÖRG die neuen Horizontal-Leitlinien der EU-Kommission, die am 21. Juli 2023 in Kraft getreten sind (die Leitlinien finden Sie hier). In den Leitlinien findet sich auch ein neu eingeführtes Kapitel zu sog. Nachhaltigkeitsvereinbarungen. Diesen Begriff definieren die Leitlinien als „jede Art von horizontaler Kooperationsvereinbarung, die tatsächlich ein oder mehrere Nachhaltigkeitsziele verfolgt, unabhängig von der Form der Zusammenarbeit“ (vgl. Rn. 521 der Leitlinien). Hierzu gehören beispielsweise Vereinbarungen, mit denen sich Unternehmen freiwillig zur Einhaltung bestimmter Ziele oder Standards zur Bekämpfung des Klimawandels oder zur Verringerung der Umweltverschmutzung verpflichten.

Auch Nachhaltigkeitsvereinbarungen müssen sich an dem aus Art. 101 Abs. 1 AEUV, § 1 GWB folgenden Kartellverbot messen lassen; denn mit einer Absprache zwischen Wettbewerbern geht typischerweise eine Wettbewerbsbeschränkung einher. Allerdings wird – auch von kartellbehördlicher Seite – angenommen, dass sich Nachhaltigkeitsvereinbarungen unter bestimmten Umständen auch positiv auf den Wettbewerb auswirken können. In den neuen Horizontal-Leitlinien werden daher Voraussetzungen erläutert, unter denen eine Nachhaltigkeitsvereinbarung zwischen Wettbewerbern nach Auffassung der EU-Kommission nicht unter das Kartellverbot fällt. Nach Ansicht der beiden Kollegen von Görg stärken die neuen Horizontal-Leitlinien der EU-Kommission daher die Rechtssicherheit bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitskooperationen durch Unternehmen.

III. Gesetzentwicklungen

Im Bereich der Gesetzentwicklungen wird u.a. über den am 6. Juli 2023 erfolgten Beschluss der 11. GWB-Novelle durch den Bundestag berichtet. Die Novelle, die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als neues Kartellrecht mit „Klauen und Zähnen“ angekündigt worden war (vgl. ndcompliance 12/2022, 120040), sieht eine umfassende Reform des GWB vor und war in Politik, Wissenschaft und Medien viele Monate lang kontrovers diskutiert worden (weitere Informationen dazu hier). Das Gesetzesvorhaben ist nicht zustimmungsbedürftig; zudem will der Bundesrat gegen den Gesetzentwurf gemäß Art. 76 Abs. 2 GG keine Einwendungen erheben. Das Gesetz wird daher am Tag nach seiner Verkündigung in Kraft treten (vgl. Art. 7 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 16. Mai 2023).

Ein weiterer Beitrag widmet sich u.a. der am 29. Juni 2023 erfolgten Veröffentlichung einer sog. Handreichung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Das siebenseitige Dokument trägt den Titel „Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern“ und enthält einen Katalog mit den wichtigsten Fragen, Antworten und Hinweisen für kleine und mittlere Unternehmen zur Zusammenarbeit mit Unternehmen, die unter das LkSG fallen. Die Handreichung wendet sich also an Unternehmen, die zwar selbst nicht in den Anwendungsbereich des LkSG fallen (vgl. § 1 LkSG), aber dennoch mit dem Gesetz in Berührung kommen. Die Handreichung kann hier abgerufen werden.

IV. Aufsatzbesprechungen

In der Kategorie Aufsatzbesprechungen geht es zum einen um das Trendthema des „Quiet Hiring“ (vgl. Klein, ArbRAktuell 2023, S. 329-333). Dieser Begriff beschreibt Situationen, in denen es zu einer schleichenden Übernahme zusätzlicher oder anderer Aufgaben durch bereits im Unternehmen vorhandenes Personal als Alternative zur Nachbesetzung freigewordener Stellen oder zur Neueinstellung von Personal kommt. In dem besprochenen Aufsatz werden die Vorteile, Möglichkeiten und Grenzen des Quiet Hirings aus arbeitsrechtlicher Sicht dargestellt. Zudem erteilt der Autor konkrete Hinweise für einen arbeitsrechtskonformen Umgang mit dem Thema in der Praxis.

Zum anderen wird ein Aufsatz besprochen, der das Spannungsfeld zwischen den Chancen und Risiken von leistungsbezogenen Anreizen für Mitarbeitende beleuchtet und die Auswirkungen von Anreizsystemen auf die Unternehmenskultur skizziert (vgl. Neumann/Zawilla, CB 2023, S. 258-261). Auch dieser Aufsatz enthält darüber hinaus Hinweise und Empfehlungen für Unternehmensverantwortliche, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen möchten oder müssen.

V. Weitere Beiträge

Die Ausgabe 7/2023 enthält ferner eine Vielzahl weiterer Beiträge zu aktuellen Compliance-relevanten Veröffentlichungen und Entwicklungen in den Bereichen des Strafrechts, Arbeitsrechts, Datenschutzrechts und Kartellrechts.

Zum Volltext der Ausgabe geht es hier.