Die neue Ausgabe des von den Kanzleien GÖRG, NEUWERK und uns herausgegebenen Newsdienst Compliance des Verlag C.H.BECK oHG ist erschienen.

I. Editorial

Im Editorial der Ausgabe geht es zum einen um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 (vgl. BVerfG Urteil vom 15. November 2023 – 2 BvF 1/22). Das Urteil hat hohe Wellen geschlagen, denn das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Gesetz mit Art. 109 Abs. 3, 110 Abs. 2 und 115 Abs. 2 des Grundgesetzes unvereinbar und damit nichtig ist. Der Bundestag muss daher zeitnah ein neues, wirksames Nachtragshaushaltsgesetz verabschieden (weitere Informationen finden Sie hier).

Zum anderen geht es um die – nicht nur aus Sicht der kartellrechtlichen Compliance – mit Spannung erwartete Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen „Super League“. Zur Erinnerung: UEFA und FIFA hatten versucht, die Planungen zur Einführung einer Super League durch verschiedene Maßnahmen auf Verbandsebene und anderweitige Einflussnahme zu behindern. Gegen diese Maßnahmen hatte die European Super League Company SL geklagt (weitere Informationen finden Sie hier). Der EuGH hat nunmehr u.a. entschieden, dass die FIFA und UEFA ihre marktbeherrschende Stellung i.S.d. Art. 102 AEUV missbrauchen, wenn sie die Teilnahme von Fußballvereinen an Wettbewerben pauschal und ohne weitere Konkretisierungen der Parameter von ihren Zustimmungen abhängig machen (Urteil vom 21. Dezember 2023 – C-333/21).

II. Rechtsprechung

Dr. Matthias Peukert und Philipp Rhein besprechen ein weiteres aktuelles Urteil des EuGH. Ausgangspunkt des Verfahrens war ein Bußgeldbescheid in Höhe von 14,5 Millionen Euro, den die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit gegen den Immobilienkonzern Deutsche Wohnen SE erlassen hatte. Sie hatte dem Unternehmen vorgeworfen, beim Umgang mit Mieterdaten mehrfach gegen Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoßen zu haben. Nachdem die Deutsche Wohnen SE gegen diesen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hatte, stellte das Landgericht Berlin das Verfahren – angesichts des „unter gravierenden Mängeln“ leidenden Bußgeldbescheides – wegen eines Verfahrenshindernisses nach § 206a StPO i.V.m. §§ 46, 71 OWiG ein (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 18. Februar 2021 – (526 OWi LG) 212 Js-OWi 1/20 (1/20)). Auf die sofortige Beschwerde der Staatanwaltschaft Berlin legte das sodann mit der Sache befasste Kammergericht dem EuGH verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vor. Insbesondere ging es um die Frage, ob nach Art. 83 DSGVO die Möglichkeit bestehen muss, eine Geldbuße gegen eine juristische Person zu verhängen, ohne dass der Verstoß gegen die DSGVO zuvor einer identifizierten natürlichen Person zugerechnet wird. Daneben ging es um die Frage, ob nach Art. 83 DSGVO eine Geldbuße gegen eine juristische Person verhängt werden kann, ohne dass nachgewiesen ist, dass der ihr zugerechnete Verstoß gegen die DSGVO schuldhaft begangen wurde.

Der EuGH hat zu diesen Fragen nunmehr festgestellt, dass eine Unternehmensgeldbuße auf Grundlage der Art. 58 Abs. 2, 83 DSGVO zwar nur bei Nachweis eines fahrlässigen oder vorsätzlichen Verstoßes verhängt werden darf. Zugleich sei es aber nicht erforderlich, dass der Verstoß einer identifizierten natürlichen Person zugerechnet werden kann. Daraus folgt, dass im Falle einer Geldbuße nach § 30 OWiG i.V.m. Art. 58 Abs. 2, 83 DSGVO weder die Handlung einer konkreten Person im Unternehmen noch die Kenntnis eines Leitungsorgans festgestellt werden muss (EuGH, Urteil vom 5. Dezember 2023 – C-807/21).

III. Gesetzentwicklungen

Der vergangene Monat hat zudem eine ganze Reihe an Gesetzentwicklungen hervorgebracht, die wir ebenfalls besprechen. Hierzu zählt u.a. die Verabschiedung des 12. Pakets der sog. Russlandsanktionen sowie die Einigung über den Entwurf eines europäischen Artificial Intelligence Acts (sog. KI-Gesetz). Zudem gab es auch im Dezember 2023 neue Entwicklungen in Sachen „Compliance entlang der Lieferkette“. So hat sich die EU (vorläufig) auf den Entwurf einer europäischen Lieferkettenrichtlinie geeinigt (sog. Corporate Sustainibility Due Diligence Directive – CSDDD). Daneben hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle eine offizielle Mitteilung zu dem Stand der Umsetzung des Lieferkettengesetzes durch die in seinen Anwendungsbereich fallenden Unternehmen veröffentlicht und Kontrollschwerpunkte für das Jahr 2024 mitgeteilt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Verpflichtungen des Lieferkettengesetzes seit dem 1. Januar 2024 nunmehr auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten bindend sind.

IV. Aufsatzbesprechungen

Im Bereich der Aufsatzbesprechungen geht es zunächst um den Geheimnis- und Konkurrenzschutz bei Leiharbeit (s. Diller, NZA 2023, 1510 – 1512). Daneben wird die Frage der Messbarkeit von Compliance aus Sicht eines internationalen Konzernes thematisiert (s. Hoffmann, CCZ 2023, 299 – 304).

V. Nachrichten

Schließlich berichten wir u.a. über die Pflicht zur Registrierung bei der Financial Intelligence Unit (FIU) für Verpflichtete i. S. d. § 2 Abs. 1 des Geldwäschegesetzes (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 GwG) sowie über die Leitlinien der Europäischen Kommission zur Ausgestaltung von Nachhaltigkeitsvereinbarungen in der Landwirtschaft.

Den Volltext der Ausgabe finden Sie hier.