Mit Beschluss vom 3. Juni 2016 hat das Landgericht Kiel die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Kiel, mit dem die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen Rechtsanwalt abgelehnt wurde, zurückgewiesen. Der beschuldigte Kollege war von seiner Mandantin beauftragt worden, sie zu ihrer Vernehmung zu begleiten. Die Staatsanwaltschaft Kiel erhoffte sich von ihr Angaben in einem Verfahren wegen zweifachen Mordes gegen ihren zukünftigen Schwager. Sein Verteidiger kam aus derselben Kanzlei wie der Beschuldigte. Dies allein reichte dem ermittelnden Staatsanwalt aus, um den Beistand von der Vernehmung der Zeugin auszuschließen, „weil seine Anwesenheit die geordnete Beweisaufnahme nicht nur unwesentlich beeinträchtigen würde“ (§ 68b Abs. 1 S. 2 StPO). Damit nicht genug: Die Staatsanwaltschaft leitete sodann ein Ermittlungsverfahren wegen Parteiverrats (§ 356 StGB) ein. Nach dieser Vorschrift wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer als Anwalt „bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient“. Im Falle einer Verurteilung hätten neben einer Freiheitsstrafe auch schwerwiegende berufsrechtliche Konsequenzen gedroht.

Der mit der Verteidigung des Kollegen beauftragte Partner Dr. Schaar wies frühzeitig daraufhin, dass der Vorwurf in rechtlicher und auch tatsächlicher Hinsicht vollkommen haltlos war. Ein Angebot der zuständigen Oberstaatsanwältin, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage in vierstelliger Höhe einzustellen, wurde daher zurückgewiesen. Sämtliche  Argumente verhallten ungehört, die Staatsanwaltschaft meinte, Anklage zum Amtsgericht Kiel erheben zu müssen.

Die zuständige Richterin lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen ab.  Die Staatsanwaltschaft hatte immer noch kein Einsehen: Sie legte (sofortige) Beschwerde ein – erfolglos: Die 1. große Strafkammer des Landgerichts Kiel folgte in ihrem ausführlich begründeten Beschluss den wesentlichen Argumenten der Verteidigung und wies die Beschwerde zurück.

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