Regelmäßig begehren Behörden (bspw. wegen Fragen der Zuverlässigkeit hinsichtlich der Fahrerlaubnis oder eines Waffenscheins) Einsicht in die staatsanwaltlichen Ermittlungsakten, und dies häufig ohne ausreichende Begründung. Ebenso schlank geht dann die Entscheidung der Staatsanwaltschaft vonstatten, die Akteneinsicht zu gewähren. Dass dies den gesetzlichen Voraussetzungen, die die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten wahren sollen, nicht gerecht wird und daher rechtswidrig ist, hat nun jüngst das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG Schleswig) festgestellt (Beschluss vom 14. Mai 2021 – 2 VAs 4/21).

Beschluss Schleswig-Holsteinisches OLG

Dem von unserem Partner Gubitz gemeinsam mit dem Kollegen Buchholz vor dem Oberlandesgericht angestrengten Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die zuständige Behörde wollte die Zuverlässigkeit unseres Mandanten, der seit Jahren Inhaber eines Waffenscheins ist, überprüfen und im Zuge dessen wissen, ob ein Strafverfahren noch anhängig sei, und ggf. Einsicht in die staatsanwaltlichen Ermittlungsakten nehmen. Die Staatsanwaltschaft gewährte daraufhin ohne weiteres die Akteneinsicht. Das OLG kritisiert das Handeln der Staatsanwaltschaft aus zwei Gründen: Zum einen betont das oberste schleswig-holsteinische Gericht das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 474 StPO. Im Normalfall sollen nämlich lediglich Auskünfte aus den Akten erteilt werden. Nur dann, wenn dies einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, sei die Staatsanwaltschaft berechtigt, Teile der oder gar die gesamte Akte an die Behörde zu übermitteln. Zum anderen – und dieser Grund war für die Entscheidung des OLG tragend – muss die Entscheidung, mit der anstelle der Erteilung von Auskünf­ten Akteneinsicht gewährt wird, erkennen lassen, dass die Staatsanwaltschaft das ihr zustehende Er­messen ausgeübt hat. Dabei bezieht sich das OLG Schleswig auch auf das OLG Hamm (Beschluss vom 16. Februar 2021 – 2 VAs 1/21).

Die umfangreich und detailliert begründete Entscheidung des OLG ist sehr zu begrüßen, sie schafft Klarheit in das bisher noch unterentwickelte Datenschutzrecht in der Strafprozessordnung. Dass hierzu bislang wenig obergerichtliche Rechtsprechung ergangen und veröffentlicht wurde, liegt natürlich auch daran, dass das Datenschutzrecht (vor allem in der StPO) noch ein junges Rechtsgebiet ist. Wie sich ein Beschuldigter gegen eine aus seiner Sicht unzulässige Gewährung von Akteneinsicht zur Wehr setzen kann, ist überdies nicht eben klar geregelt. Nach § 480 Abs. 3 S. 1 StPO kann gegen die staatsanwaltliche Entscheidung nur „in den Fällen des § 475 StPO“ Antrag auf gerichtliche Entscheidung beantragt werden. § 475 StPO regelt jedoch lediglich „Auskünfte und Akteneinsicht für Privatpersonen und andere Stellen“. Für den Fall, dass eine Behörde Akteneinsicht verlangt, ist jedoch § 474 StPO einschlägig. Der Beschuldigte  kann nach den §§ 23 ff. EGGVG einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Der große Unterschied ist jedoch, dass hier nach § 26 EGGVG eine Frist von nur einem Monat läuft, bei § 480 Abs. 3 S. 1 StPO hingegen keine Frist.