Haftbefehl vom Landgericht Lübeck aufgehoben

Es funktioniert wie Paypal, ist aber bereits Jahrhunderte alt: Das muslimische Zahlungssystem Hawala-Banking. Hierunter versteht man die vertrauliche Erbringung von Finanzdienstleistungen außerhalb des regulierten und lizenzierten Marktes von Banken- und Finanztransferdienstleistern.

Ursprünglich gedacht – und heute auch noch so genutzt – gewährleistet das Hawala-Banking unter Einschaltung von vertrauenswürdigen Mittelsmännern eine sichere Möglichkeit von Geldtransfers auch in Regionen ohne stabile Bankeninfrastruktur (vgl. Kudlich/Oglakcioglu, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. 2020, Rn. 201e).

Auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages erkennt an, dass dieses System oftmals für legitime Zwecke wie Heimatüberweisungen eingesetzt wird. Gerade für regimekritische Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien besteht keine andere Option für den Geldtransfer zu dort gebliebenen Verwandten.

Beim Hawala-Banking wird das zu übermittelnde Geld gegen eine Gebühr (etwa 0,5 – 5 %) bei einem Hawala-Händler (Hawaladar) einbezahlt. Das sind oft Reisebüros oder kleine Geschäfte. Der Einzahler erhält ein Kennwort, das er dem Empfänger am Auszahlungsort mitteilt. Der Empfänger bekommt am Zielort von einem anderen Hawaladar das Geld gegen Nennung des vereinbarten Kennworts ausgezahlt.

Soweit so gut. Jedoch kann Hawala-Banking auch terroristischen oder kriminellen Organisationen eine Gelegenheit bieten, Gelder nahezu ohne jede Möglichkeit der Rückverfolgung zu transferieren. Das Betreiben von Finanztransfergeschäften steht ferner unter einem gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt. Aus diesem Grund gibt es immer wieder staatlicherseits Anstrengungen, das Hawala-Banking zu unterbinden. Zuletzt gab es im November 2019 einen bundesweiten Einsatz von fast 1.000 Polizeibeamten, die zahlreiche Läden, Restaurants und Wohnungen durchsuchten.

Nach § 63 Abs. 1 Nr. 6 ZAG macht sich grundsätzlich strafbar, wer ohne Erlaubnis (vgl. § 10 Abs. 1 S. 1 ZAG) oder ohne Registrierung (vgl. § 34 Abs. 1 S. 1 ZAG) Zahlungsdienste erbringt. Eine Strafbarkeit kann sich auch nach weiteren Vorschriften des Strafgesetzbuches ergeben. In Betracht kommt vor allem der Straftatbestand der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung. In Einzelfällen kann eine Strafbarkeit wegen der Finanzierung von Terrorismus gemäß § 89c StGB in Betracht kommen.

Diese Straftatbestände haben ganz unterschiedliche Voraussetzungen, sodass nicht allgemein gültig gesagt werden kann, dass und wonach die Mitwirkung am Hawala-Banking strafbar ist.

Rechtsanwalt Dr. Buchholz verteidigt seit einigen Wochen in einem Lübecker Strafverfahren einen Angeklagten im Zusammenhang mit dem Hawala-Banking. Nachdem dieser über sieben Monate in Untersuchungshaft gegessen hat, konnte nun erreicht werden, dass der Haftbefehl aufgehoben wird und der Angeklagte nun vorerst wieder auf freiem Fuß ist. Die Hauptverhandlung beginnt voraussichtlich im Juni 2020.