Die Berechnung der Höhe der Geldstrafe bei Beziehern von ALG I und II hat unser Mitarbeiter Dr. Buchholz im Juliheft der Zeitschrift Strafverteidiger (07/2019) in einem Fachaufsatz aufgearbeitet.

Herr Dr. Buchholz vertritt in seinem Beitrag die Auffassung, dass aus dem Grundsatz der Strafgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem der Resozialisierung (Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) folgt, dass bei einkommensschwachen Personen vom Nettotageseinkommen deutliche Abzüge vorzunehmen sind. Dies konkretisiert er sodann aus Vorschriften des Sozialrechts. § 26 Abs. 1 und 2 SGB XII gäben nämlich vor, dass einer Person stets das zum Lebensbedarf Unerlässliche erhalten bleiben muss. Diese Wertung dürfe auch nicht durch das Strafrecht unterlaufen werden.

Zum Hintergrund: Deutlich häufiger als eine Freiheitsstrafe wird in der strafgerichtlichen Praxis die zweite Hauptstrafe, die Geldstrafe, verhängt. Im Jahr 2016 wurden in Deutschland insgesamt 568.314 Personen zu einer Geldstrafe verurteilt.

Die Berechnung einer Geldstrafe richtet sich nach § 40 StGB. Diese Vorschrift gibt vor, dass sich die Höhe des zu zahlenden Betrages aus der Multiplikation der Tagessatzanzahl und der Tagessatzhöhe ergibt.

Aus den einschlägigen Statistiken lassen sich bezüglich der Anzahl und der Höhe jeweils Besonderheiten herauslesen: In knapp der Hälfte der eine Geldstrafe enthaltenden Verurteilungen (nämlich 271.347 Fälle) belief sich die Anzahl der Tagessätze im unteren Bereich (31 bis 90). Die Höhe des einzelnen Tagessatzes beträgt in der Praxis am häufigsten (211.653 Fälle) zwischen 10,- und 25,- EUR.

Warum das so ist, lässt sich nachvollziehen, wenn man die gesetzlichen Grundlagen in den Blick nimmt: Die Tagessatzanzahl bestimmt sich nach der Schuld und den allgemeinen Strafzumessungsregeln (§ 46 StGB: bspw. Schadenswiedergutmachung). Die Schuld richtet sich insbesondere nach den verwirklichten Straftatbeständen. Und diese sind in der Praxis meist der leichten, allenfalls der mittleren Kriminalität zuzuordnen. Daher rührt die geringe Tagessatzanzahl. Die Tagessatzhöhe hingegen bemisst sich nach dem sog. Nettoeinkommensprinzip. Und da häufig Personen, die über wenig finanzielle Mittel verfügen, vor Gericht stehen, ist dann auch die geringe Tagessatzhöhe nachvollziehbar.

Maßgebliche gesetzliche Grundlage ist § 40 Abs. 2 S. 1 und 2 StGB. Dort heißt es:

„Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte.“

In der Strafrechtspraxis steht die Bedeutung der Worte „in der Regel“ immer dann zwischen Verteidigung und Justiz im Streit, wenn Staatsanwaltschaft und Gericht bei dem errechneten, täglichen Nettoeinkommen stehen bleiben wollen.

Die Verteidigung stellt sich oftmals auf den Standpunkt, dass dieses Nettotageseinkommen nur der Ausgangspunkt des gerichtlichen Ermessens sei. Ihr sind nun durch die Veröffentlichung des Kollegen Buchholz weitere Argumente an die Hand gegeben worden.