Das Rahmenthema auf dem 73. Deutschen Anwaltstag lautete „Miteinander für das Recht“. Bei dem geschätzten Kollegen Jes Meyer-Lohkamp (Stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht im Deutschen Anwaltverein), der die Veranstaltung einleitete und moderierte, löste dies Irritationen aus, weil das strafverteidigerorientierte Verständnis vom Strafverfahren die klare Aufgabentrennung von Staatsanwaltschaft und Verteidigung ist. Jes Meyer Lohkamp war verständlicherweise auch nicht der Auffassung, dass es Aufgabe der Verteidigung sein könnte, mit dem Gericht „gemeinsam“, also gleichsam in gegenseitiger Verbundenheit, etwas den Mandanten potentiell Benachteiligendes zu gestalten. So kam es zu dem Thema der Posiumsdiskussion, deren Verlauf und Inhalt die Diskutanten auch zu der Veröffentlichung motivierten.

Hier die Thesen unseres Kollegen Gubitz, in Abgrenzung zu seinen Vorrednern und zum Thema auf dem Anwaltstag:

These 1 (zu Gerson): Nicht immer ist ein „Gegennarrativ“ zur Anklage zur Hand. In erster Linie ist es Aufgabe der Verteidigung, die rechtlichen oder tatsächlichen Grundlagen der Annahme der Staatsanwaltschaft (§ 170 Abs. 1 StPO) oder des Gerichts (§ 203 StPO), dass „nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint“, zu bezweifeln und kritisch zu überprüfen.

These 2 (zu Junck: „Ziel des Strafverfahrens ist die Findung eines materiell-rechtlich richtigen und gerechten, in eine schuldangemessene Strafe mündenden Urteils, das zugleich Rechtsfrieden herstellt“): Abgesehen davon, dass man hinter „richtig und gerecht“ auch die Worte „Einstellung oder Freispruch oder“ mitdenken möchte, ist den Ausführungen des geschätzten Mitdiskutanten Junck kaum zu widersprechen und im begrenzten Rahmen wenig zu ergänzen. Aber das Wenige hat es dann doch in sich, die These 2 lautet nämlich, in Abgrenzung zu Junck: „Aufgabe der Verteidigung“ kann auch sein, das „Ziel des Strafverfahrens“ gar nicht zu erreichen.

These 3 (zum „Gegeneinander für das Recht“): Das Ziel der Verteidigung ist nicht identisch mit dem Ziel des Strafverfahrens, manchmal mit diesem nicht einmal vereinbar. In diesen Fällen kommt es unweigerlich zum Gegeneinander.

Die Begründungen für diese Thesen können Sie im September-Heft des StrafverteidigerForums nachlesen.

Quelle: DAV / Andreas Burkhardt

(Bild wegen der Wahrung von Persönlichkeitsrechten hier bearbeitet)