Wie auch von uns berichtet, wurde am 31. Juli 2024 vor dem 5. Strafsenat in Leipzig die Revisionshauptverhandlung durchgeführt. Diese fand wegen der Vielzahl von Beteiligten sowie des großen Medieninteresses im Reichsgerichtsgebäude, in dem sich heute der Sitz des Bundesverwaltungsgerichts befindet, statt. Die Verteidigung wurde durch unsere Kollegen Dr. Molkentin und Weber vertreten.

Reichsgerichtsgebäude

Die Hauptverhandlung begann, wie üblich, mit einem Überblick des Berichterstatters über das angefochtene Urteil des Landgerichts Itzehoe. Es folgte ein (im Hinblick auf eine vom Senat vorab mitgeteilten „Tagesordnung“ für das Rechtsgespräch bewusst knapp gehaltenes) Plädoyer der Verteidigung, mit dem unser Partner Dr. Molkentin das für die Angeklagte eingelegte Rechtsmittel zu vertreten hatte.

Der Sitzungsvertreter des Generalbundesanwalts, der im Vorfeld beantragt hatte, einen Termin zur Hauptverhandlung anzuberaumen, stellte sodann seinen Verwerfungsantrag. Dessen Begründung fiel angesichts seiner Antragsschrift, mit der er sich noch im Einklang mit der Verteidigung befand, überraschend eindeutig aus . Mit mehr oder weniger umfassenden Ausführungen schlossen sich (insofern erwartungsgemäß) die anwesenden Nebenklagevertreter:innen an.

Daraufhin konnte die Verteidigung zunächst ihre noch ausstehenden Anmerkungen und Erwiderungen einbringen. Unsere Kollegen wurden dann durch alle fünf Mitglieder des Senats mit einer Vielzahl von Nachfragen konfrontiert, mit deren Beantwortung viele wichtige Aspekte noch einmal vertieft werden konnten.

Zum Abschluss verlas die Kollegin Christine Siegrot eine persönliche Erklärung des von ihr vertretenen Nebenklägers Abraham Koryski, mit der in würdiger Weise noch einmal die Perspektive der (überlebenden) Opfer zur Sprache kam.

Der Senat hatte ursprünglich für die Urteilsverkündigung zwei mögliche Termine genannt. Dass nun nach Durchführung der Hauptverhandlung die spätere Variante (20. August 2024) gewählt wurde, macht aus unserer Sicht deutlich, dass die Bedenken der Verteidigung für den Senat auch nach der Hauptverhandlung einer vertieften Befassung bedürfen.

Prognosen über einen möglichen Ausgang möchten wir nicht abgeben. Zwischen einem Freispruch durch den Senat selbst (§ 354 Abs. 1 StPO) und einer umfassenden Verwerfung der Revision besteht eine Reihe weiterer Möglichkeiten (Teilfreispruch, Anpassung des Schuldspruchs, Aufhebung und Zurückverweisung).

Sollte es tatsächlich zu einer neuen erstinstanzlichen Hauptverhandlung vor dem Landgericht Itzehoe kommen, dürfte jedenfalls eine nochmalige Vernehmung von Opferzeug:innen nicht erforderlich sein, weil der Senat die Feststellungen zu den durch die Revision in keiner Weise in Frage gestellten Haupttaten wohl problemlos bestehen lassen könnte (§ 353 Abs. 2 StPO).

Wir werden über die mündliche Urteilsbegründung berichten.