Es gibt wohl kaum ein Amtsgericht in Deutschland, an dem nicht nahezu täglich ein Ladendiebstahl (strafbar nach § 242 StGB) verhandelt wird. In der Regel wird dem Beschuldigten vorgeworfen, einen Gegenstand in eine von ihm mitgeführte Hand-, Einkaufs-, Akten-, Jacken- oder ähnliche Tasche gesteckt zu haben (auch wenn er oder sie sich noch im Geschäft befinden). Ob eine Strafmilderung nach § 23 Abs. 2 StGB erfolgen kann, da in diesen Fällen der Diebstahl nur versucht, aber noch nicht vollendet wurde, wird dabei in der Praxis häufig kontrovers diskutiert.

Im Urteil vom 6. März 2019 hat dazu der auch für Schleswig-Holstein zuständige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass der Ladendiebstahl vollendet sei, wenn der Beschuldigte einen Gegenstand in eine mitgeführte Tasche steckt – ganz gleich, ob diese Tasche offen oder geschlossen oder auch mit anderen Gegenstände befüllt oder leer ist und auch unabhängig von der Art und Weise des Tragens. Da aber nach der Verkehrsauffassung Taschen und Rucksäcke häufig auch als „Einkaufskorbersatz“ genutzt werden, kann dieser Rechtsprechung in ihrer Pauschalität nicht zugestimmt werden.

Unser Kollege Rechtsanwalt Dr. Buchholz hat sich daher in der aktuellen Ausgabe (10/2020) der Fachzeitschrift Strafverteidiger mit der Entscheidung des BGH kritisch auseinandergesetzt und im Ergebnis betont, dass die Amtsgerichte die Frage nach dem Vollendungszeitpunkt eines Ladendiebstahls von den Umständen des Einzelfalls abhängig machen sollten.